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Auf dem Weg zur „Klein-Genossenschaft“ – Aktuelle Vorschläge für eine Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt)

Angesichts der allseits geforderten Förderung der Zivilgesellschaft entdecken die Regierung und die Opposition aktuell die traditionelle Rechtsform der Genossenschaft wieder. Man ist sich darüber einig, bürokratische Hürden und Rechtsformkosten abbauen zu wollen, um die Genossenschaft für kleinere, mitgliedschaftlich organisierte Projekte zu öffnen. Insbesondere im Zusammenhang mit den Themen Energiewende, bürgerschaftliches Engagement und Wohnbauprojekte wird der Rechtsform Potenzial zugeschrieben. Analog zur UG (sog. „Mini-GmbH“) soll es daher künftig eine Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt) geben. Als eine Art „Klein-Genossenschaft“ soll sie insbesondere von der als kostenintensiv empfundenen Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband befreit werden.

Zur gemeinsamen Verfolgung eines wirtschaftlichen Zwecks ist der Idealverein steuer- wie zivilrechtlich (siehe auch HIER zum wirtschaftlichen Verein) die falsche Wahl. Als Alternative bieten sich zwar häufig Kapitalgesellschaften (UG, GmbH) an. Sie sind allerdings kapitalistisch geprägt, d.h. der Einfluss auf die Geschäfte hängt bei ihnen regelmäßig von der kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft ab. In die freie Lücke dringt die Genossenschaft ein: Sie wird einerseits durch den von ihr betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geprägt und ist andererseits demokratisch-mitgliedschaftlich organisiert (Grundsatz: ein Kopf, eine Stimme). Die Pflichtmitgliedschaft einer Genossenschaft in einem Prüfungsverband wird bislang allerdings als Hindernis empfunden. Sie schreckt den einen oder anderen Gründer davor ab, die Genossenschaft als Rechtsform zu wählen.

Die Bundesregierung will daher die neue Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt) von der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband befreien, solange sie nicht mehr als eine der folgenden Größenkriterien überschreitet: (a) eine Bilanzsumme von 4,84 Mio. Euro, (b) Umsatzerlöse von 9,68 Mio. Euro, (c) Beschäftigung von 50 Arbeitnehmern im Jahresschnitt. Die neue „Klein-Genossenschaft“ würde damit im Ergebnis den geltenden Prüfungsschwellen für kleine Kapitalgesellschaften angeglichen. Ist man sich insoweit in der Tendenz einig, bedarf es wohl noch eines parlamentarischen Kompromisses darüber, wie „klein“ die neue Kooperativgesellschaft nun sein soll. Die Opposition will sich nämlich eher an den europarechtlichen Vorgaben für Kleinstbetriebe orientieren (kumulativ dürfen danach (a) eine Bilanzsumme von 350.000 Euro, (b) Umsatzerlöse von 700.000 Euro und (c) die Zahl von 10 Arbeitnehmern nicht überschritten werden). Dafür würden im Gegenzug dann neben der Zwangsmitgliedschaft samt Prüfungspflicht auch insgesamt die Rechnungslegungs- und Publizitätsvorgaben noch weiter vereinfacht werden.

Daneben scheint in der aktuellen Diskussion eine Haftungserleichterung auch für ehrenamtliche Genossenschaftsvorstände und -aufsichtsräte, eine Stärkung der Wohnungsgenossenschaften, Vereinfachungen bei öffentlichen Fördergeldern sowie eine darlehensbasierte Finanzierung durch die Genossenschaftsmitglieder konsensfähig.

Hinweis: Das Justizministerium arbeitet bereits an einem Gesetzentwurf. Aktuell laufen hierzu Gespräche mit den genossenschaftlichen Spitzenverbänden; für diese ist es jetzt an der Zeit, ihre eigenen Vorstellungen zu den größenabhängigen und den allgemeinen Erleichterungen zu kommunizieren. In ihrer gemeinnützigen Ausprägung wäre die geplante Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt) selbstverständlich auch für gemeinnützige Kleinprojekte von großem Interesse (z.B. für Seniorengenossenschaften, Kindergärten, Schulen etc.).

Bundesregierung, Antwort auf Kleine Anfrage v. 11.09.2012, BT-Drs. 17/10654.

SPD-Fraktion, Antrag v. 20.11.2012, BT-Drs. 17/9976.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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